Havena 4 (Neferu)

Die Rastlosigkeit trieb sie wie eine Katze auf der Pirsch durch die windumtoste Stadt.
An billigen Kaschemmen Orkendorfs vorbei, in zugige Gassen und hinüber zur Krakeninsel der Altvorderen, die ihre Gärten pflegten und ihre Kinder maßregelten. Zwei Welten so nahe bei einander.

So gern sie mit Phexdan und Rahjard gesprochen hätte, so unmöglich war ihr der Gedanke.
Sie hatte alles getan, wofür sie sich in dem Moment im Stande fühlte: Die zwei Zimmer im Hotel „Palastgarten“ am Halplatz eine weitere Woche bezahlt, nach ihnen beiden gesehen und gelächelt so gut es ihr möglich gewesen war. Und sie hatte Rahjard wortlos das Buch „Die Pflanzen in Peraines Garten“ geschenkt. Strafe und Ablenkung gleichermaßen, hatte er sich doch beides verdient.
Phexdan hatte sie sich diese Weise angesehen, die das steinerne Gefühl in ihrem Inneren wachsen ließ.
Der vertrauensvolle Blick, die bemüht heitere Zuversicht… Trug er dieses Gesicht, um davon abzulenken, dass er litt? Sie war sich schon vor einigen Jahren sicher gewesen, dass da ein Ausdruck unter Phexdans Fassade schlummerte, der ernst und verbissen war und der heimlich und fast ungesehen an der Leichtigkeit des Hochgeweihten zerrte. Wie greifende Arme von Verdammten, die aus dem Abyss heraus den Sünder packten, um ihn in den dämonischen Schlund zu ziehen.
Neferu hatte nie daran gezweifelt Phexdan zu lieben.
Er war ihre erste Liebe.
Aber solange sie ihn nicht kannte, konnte sie ihm nicht trauen.
Und sie hatte niemals das Gefühl ihn wirklich zu erkennen, als das was er war. Je offener er sich ihr gegenüber gab, desto mehr wurde er ein Rätsel.

Der Blick ins dunkle, offene Fenster hingegen war deutlich. Sie hatte nie schärfer gesehen. Sie war bereit sich in die verheißungsvolle Schwärze zu werfen und das was sie am Grund ihres Falls fand und empfing so fest zu umarmen, dass sie es niemals wieder von ihrer Seele lösen konnte. Ihre letzte Liebe.

Ihre Schritte führten sie von der Krankeninsel zurück zum Orkendorf.