Havena 11 (Zerwas)

Kategorien: 1013 BFDer Tod trägt RotHavenaZerwas

Augenblicklich war das Schlammblut zu seinen Füßen vergessen, aus dessen Körper langsam die Wärme zu weichen begann. Mit blutverschmiertem Gesicht und Händen richtete er sich auf und sog die kalt-feuchte Nachtluft tief in seine Lungen. Der Geruch war stark und deutlich wahrzunehmen. Ein zweiter Geruch, allerdings ein weniger interessanter, wurde zunehmend schwächer, als würde sein Träger sich entfernen.
Aber was interessierte ihn schon der Geruch eines zweitklassigen Nahrungsspenders?

Mit einem kräftigen Ruck seines rechten Arms zerrte er die Leiche des Meuchlers in den langen, blassen Schlagschatten der Statue, sodass sie vor flüchtigen Blicken verborgen sein würde und wischte seine Hände kurz am feuchten Gras ab. Dann drückte er sich mit dem Rücken an den kalten Stein und spähte vorsichtig daran vorbei in Richtung des Ufers. Dorthin, woher der anziehende Geruch kam. Unmöglich., dachte er. Sie kann nicht gekommen sein. Nicht gerade jetzt.
Er spürte wie Speichel in seinem Mund zusammenlief. Die Wunde an seiner Schulter hatte sich nach den ersten Schlucken des minderwertigen Blutes wieder geschlossen und das Gift jede Wirkung verloren oder von Anfang an nicht besessen. Mit zusammengekniffenen Augen ließ Zerwas seinen Blick über den Hang am Rande der Insel gleiten, ehe er sich an einer Bewegung verfing.
Dort hinten kam, in etwas mühsam anmutenden Bewegungen, eine Gestalt die Anhöhe hinauf.

Die Instinkte des Jägers setzten ein, als der kräftige Körper des Vampirs in einem Satz hinter dem Grabstein einer Familie verschwand um von dort ungesehen eine Richtung einzuschlagen, die den Pfad des neuen Opfers unweigerlich kreuzen musste. Das frische Blut rauschte in seinen Ohren und ein wohliger Schauer rann über seinen Rücken, als das schmackhafte Bouquet deutlicher wurde.
Während er sich an das ahnungslose Opfer heranpirschte, erhaschte er einen Blick an einem der Totenmäler vorbei. Sie trug irgendetwas im Arm. Rot glänzte vor Rot, ihr ganzer Körper schien im fahlen Licht der Sterne einer blutigen Verlockung zu gleichen.
Aber dies war eine magische Verführung – besser, wenn er sie weniger direkt anging. Ein schmales Lächeln verzog die blutigen Lippen zu einem grotesken Grinsen, das von weißen Reißzähnen noch in seiner abstoßenden Bizarrheit verstärkt wurde.

Im Schutz eines niedrigen Zierbusches wartete er ab, genoss die pulsierende Vorfreude auf das süße Blut, roch den Geruch von Rosen und glaubte sich einer Belohnung nahe zu fühlen, die Boron selbst ihm als Opfergabe für seine erretteten Geweihten gesandt hatte. Als die Frau an ihm vorübergehen wollte, packte er mit seiner rechten Hand wie mit einer Klaue nach ihrem rechten Knöchel und riss daran, um sie zu Boden zu stürzen und hinter das Gewächs zu sich zu ziehen. Ein Friedhof bei Nacht war den Toten gewidmet – und so sollte es auch bleiben…