Gareth 16 (Neferu)

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Zeitraum: TSA 1013

Nur noch drei weitere, sich immer aufs Neue wiederholende, endlose Tage!
Es war nicht so, dass sie und Phexdan die Zeit ungenutzt ließen. Neben all dem Düngen und Jäten blieben zum Abend und an einigen Tagen auch zwischendurch einige Stunden zur freien Verfügung und in dieser Zeit fokussierten sich die beiden Phexgetreuen auf den grauen Herrn. Sie beteten und meditierten, übten sich im Wortgefecht und vor allem lachten sie viel. Er sprach über die Liturgie der Seelenprüfung. Einmal war da dieser braungebrannte Perainegeweihte gewesen, gerade als sie eine weitere Lektion in Sachen kluges Verstecken und Ausnutzen der Schatten hinter sich gebracht hatten. Unweigerlich ein Fremder, der sich umsah wie nur Fremde es tun, die zum ersten Mal oder nach langer Zeit erstmals wieder einen Ort aufsuchten. Er badete im heilsamen Rundbecken, einem kleinen Bassin im Tempel, dessen Wasser durchsetzt war von Salzen aus dem Berg und allerhand anderem gesundheitsfördernden Pülverchen, die Nef nicht kannte. Der fremde Geweihte – und er war unweigerlich ein Geweihter, lag doch ganz in seiner Nähe die typische grüne Kutte – planschte also und wusch sich, während Neferu sich den Scherz erlaubte, ihn vom Rand aus nasszuspritzen, ohne dass der Badende den Verursacher des plötzlichen Schwalls Wasser hatte ausmachen können.
Es steckte auch ein beträchtliches Stückchen Schalk in Phex und seinen Jüngern…

Zu behaupten, dass Neferu in diesen zwölf Tagen litt, wäre übertrieben gewesen. Allerdings stellte sie selbst fest, dass ihr die wenig freiheitlichen Aktivitäten im Peraine-Tempel unter den Nägeln brannten, sie unruhig machten, obwohl das Haus der Göttin von Ackerbau und Heilkunst ein Ort der Ruhe und Geborgenheit war, zweifellos.
Doch wie ein kätzischer Straßenstreuner brauchte sie die Möglichkeit, ganz wie es ihr beliebte, mal hierhin und mal dorthin zu stromern. … Und das blieb aus. Also wälzte sie sich schlaflos herum, so energisch, dass sie sogar Phexdan weckte. Trotz dem sie wunderbar umsorgt wurde, war Neferus Laune daher nicht die Beste. Und gerade der Maraskaner wurde Zeuge davon, wenn sie wiedereinmal kratzbürstig bis zum Jähzorn neigend, seine Zuneigung abwies. Er war davon überzeugt gewesen, seine Nef in der Zeit des gemeinsamen Einsitzens im Tempel in kürzester Zeit mit Pauken und Trompeten wieder erobern zu können. Enttäuscht war er trotzdem nicht. Phexdan war nicht der Typ für Enttäuschung, lieferte Phex ihm schließlich diese grandiose Herausforderung. Nicht, dass Nef für ihn nur eine Herausforderung gewesen wäre… Aber dass die unausgeglichene Hexe ihren Launen ausgeliefert alles andere als leicht und langfristig von etwas völlig überzeugt und eingenommen war, stellte einen Nebeneffekt dar, der ihn nicht abschrecken konnte. Trotzdem.. sie zog sich im Laufe ihrer beider Gefangenschaft eher zurück, als dass sie ihm entgegen kam. Den Grund dafür kannte er nicht, so oft er auch versuchte in ihren dunklen Kopf zu gucken, sobald sie neben ihm stand.

Als der friedliche Trott des Tempels, die Ölungen und all das Blumenumsorgen sein Ende fand, spürte Neferu das Gefühl puren Glücks.
Es war der dritte Tsa im Jahre 1013, als Neferu von Rohalides und seiner herbschönen Dimione schon in den frühesten Morgenstunden in die Freiheit entlassen wurde. Es hatte draußen endlich geschneit und die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen.
Rohalides legte den Arm um die Schulter seiner Frau, als er dem seltsamen Gast in Rot nachsah, der durch den Schnee lief wie ein junger, verspielter Hund und den fröstelnden Dunkelhaarigen mit dem Rabennestkopf mit Schneebällen drangsalierte. Der Zyklopäer war ein friedfertiger Kerl, immer gutmütig und geduldig. Aber selbst in ihm gab ein heimliches Stimmchen zu, dass er froh war, die zwei Rabauken, die zweifellos dem heitersten der Zwölfe angehörten, los zu sein.. Immerhin fünf Dukaten hatte die rote Frau gespendet.

~

Zerwas hatte nur für sie beide zwei Zimmer in Rosskuppel gemietet, eine winzige Wohnung im ersten Stock eines niedrigen Bauernhauses auf dessen Reetdach nun der Schnee lag. Die Bauern mit Namen Nella und Storko, gute Garether Landwirte mit einem kleinen Jungen waren schlichte, herzliche Leute, die sich ihr Misstrauen dem blassen Schwarzhaarigen mit dem aristokratischen Gesicht gegenüber nicht anmerken ließen. Höfliche Leute eben, die froh waren, ein zusätzliches Entgelt für den ausgebauten Dachboden zu bekommen und die sich einredeten, schon sehr viel seltsamere Gäste untergebracht zu haben. So ignorierten sie, dass der Herr mit dem Haar einer aranischen Tänzerin stets das Essen verschmähte und immer auswärts zu speisen schien. Er war eben ein feiner Herr, nickten sie verständnisvoll und sagten auch nichts zu den nächtlichen Schritten auf dem knarrenden Holz. Denn Schlaf schien ihr neuer Mieter ebenfalls nicht zu finden – wie sie diesen armen Menschen doch bedauern mussten!

Salpico hingegen war bei einer Sattlerin untergekommen, deren schmales, aber sehr hohes Häuschen im Arenaviertel seinen Platz hatte, eingepfercht in eine Reihe anderer Häuser ähnlicher Bauart. Frau Ahlemeyer hieß die gute Vermieterin, eine früh gealterte Witwe in den Vierzigern, die immer wieder von ihren zwei Söhnen sprach, die sicher irgendwann zu ihr nach Hause kommen würden. Fragte man nach, so hörte man heraus, dass die beiden in die Orkenkriege ausgezogen und nicht wiedergekommen waren… Aber bald, ja bald, wären die Burschen wieder zuhause! – wurde Frau Ahlemeyer nicht müde zu beteuern und lieferte gleich noch eine Beschreibung der Buben, falls die Herrschaften sie einmal zu Gesicht bekommen sollten.
Salpico lächelte verkniffen und kramte mühevoll die Details dessen, was er an sozialen Fertigkeiten aufgeschnappt hatte aus den staubigsten Nischen seines Verstandes. Die beiden Sprösslinge seiner naiven – oder vielleicht geistig am Schicksal ihrer Familie zerbrochenen – Vermieterin waren sicher quicklebendig wie ein Wiesel. Ein altes Wiesel mit Rheuma und Hüftleiden. Blind und vor zwei Wochen von einem Rübenkarren überrollt. Anders ausgedrückt: Sie waren ohne jeden Zweifel so tot wie zahllose junge Männer und Frauen, die in den Krieg gingen und nicht zu ihren Familien zurückkehrten. Aber obwohl Salpico bewusst war, dass die Dunkle Halle der Geister seine sozialen Talente unweigerlich hatte verkümmern lassen, besaß er den Anstand seine Annahme über den Verbleib der Ahlemeyer-Knaben nicht einmal anzudeuten.
„Selbstverständlich kommen Eure von den Göttern zwölfmal gesegneten Söhne zurück an den Herd ihrer liebenden Mutter.“ kam es so überzeugt wie möglich über seine vollen Tulamidenlippen. Erst nach zwei oder drei Augenblicken wurde ihm bewusst, dass echte Überzeugung üblicherweise von einem Lächeln begleitet wurde und so hob er die Mundwinkel zu schnell, zu hoch und zu plötzlich.
Er bemühte sich. Er wollte vermeiden der gutherzigen Sattlerin das Jahr zu vermiesen. Insbesondere, solange er hier noch lebte. Man konnte viel über ihn sagen – dass er Leute verprellte, die ihm halfen gehörte (üblicherweise) nicht dazu. „Aber natürlich werde ich mich umhören! Ich bin bald im Süden des Kontinents und werde mich dort nach ihnen umsehen – vielleicht haben sie eine wichtige Geheimmission. Ihr wisst schon Al’Anfa vielleicht.“
Das mütterliche Nicken und die in den Augen der Frau aufblitzende Hoffnung brach ihm beinahe das Herz. „Sicher bringe ich bald Nachricht von ihnen! unterstrich er – und ging im Geist bereits das Gespräch mit den ruhelosen Seelen der beiden hingeschlachteten Jünglinge durch, in dem er zu klären gedachte, welche Geschichte man der wirren Mutter auftischen konnte, um ihr Leid zu lindern.
Dem Nekromanten war vage bewusste, dass Ahlemeyer immer noch redete. Sich bedankte vielleicht, oder mehr von ihren Söhnen berichtete, damit er sie erkennen würde, wenn er nur erst vor ihnen stünde. Für seine Magie allerdings war es kein Probleme das tote Bruderpaar zu finden, ein größeres Problem war es, nicht mit Boron und seinen Dienern aneinander zu geraten. Während also die Dame des Hauses von Lieblingskuchen und Kinderdecken schwadronierte, trug Salpico sich mit dem Gedanken schwanger Hilfe bei Marbo zu suchen. Ein kleines Zeichen der Zustimmung erleichterte die Angelegenheit ganz erheblich – auch auf weltlicher Ebene. Man wusste nie, wann der Vampir mit den beneidenswerten Haaren (ob gutes Haar einer der Vorteile des frei bestimmten Untodes war?) auf die Idee käme seinen Glauben an den Herrn Boron (Welch Ironie!) handfest zu verteidigen. Nein – darauf konnte er verzichten, entschied er, während die letzten drei nötigen Zutaten für die Lieblingsspeise des einen Bruders zu seinem einen Ohr hinein und zu dem anderen wieder hinaus wanderten. Es war schlimm genug gewesen noch eine letzte Nacht mit dem unangenehm hungrigen Todesboten in der Smaragdnatter verbringen zu müssen. Das Einzige, was sicheren Schutz gegen diesen Kerl bot war Dajinn VII., der…bei Boron und Hesinde! Der Affe! Wie lange hatte er ihn nicht gefüttert? Zwei oder drei…Tage? Eilig wirbelte er herum und ließ Frau Ahlemeyer mitten in einem Monolog über bestickte Kinderkissen stehen.

Am anderen Ende der Stadt, außerhalb ihrer Mauern erbebte im bäuerlichen Rosskuppel ein dürres Bäumchen in einem der feldbegrenzenden Knicks. Seine blattlosen Zweige schlugen gegeneinander, als er seinen festen Halt im kalten Mutterboden verlor und an den Feldrand zu einigen anderen entwurzelten Sträuchern geworfen wurde.
Ohne zu schwitzen, zu frieren, schwer zu atmen – oder auch nur einen irgendwie gearteten Puls – sah Zerwas zu Storko hinüber. Auf der anderen Seite des Feldes mühte der Hausvater sich ebenfalls damit ab, das Feld von allzu sehr überhängenden Zweigen oder Ästen zu befreien.
Eine anfallende Arbeit im Winter – ebenso wie das ganzjährige Füttern der Tiere und das Ausmisten der Ställe.
„Angelegenheiten für Bauern und Knechte.“, hätte er noch vor einigen Jahren gesagt. Aber heute war es eine notwendige Arbeit. Notwendig um den Kopf frei zu bekommen, aber notwendig auch, um zu wachsen. In seiner Zeit bei den Kindern der Nacht, hatte er eine simple Wahrheit erfahren. Wer mächtig ist, ist nicht notwendigerweise auch gefährlich. Gefährlich waren nur die, die Macht und die Überzeugung etwas Besseres zu sein als die weniger Mächtigen in sich vereinten. Simpel ausgedrückt: Wer mächtig und zugleich konstruktiv sein wollte, musste Demut lernen. Und eben das bedeutete die Arbeit, die für diese Familie wichtig war, ebenfalls als wichtig anzunehmen und mit den ihm gegebenen Stärken zu erledigen, während er seine Schwächen in Kauf nahm.
Letzteres war leicht gesagt zu dieser Jahreszeit – war der Himmel doch oft genug verhangen und grau.
Die Strichliste, die er auf der Unterseite eines der Tische in seiner Wohnung führte, hatte ihm verraten, dass Neferu am heutigen Tage aus dem Exil des Peraine-Tempels zu ihm zurück finden würde. So kam es, dass er sich den Schritten auf dem nahen Feldweg mit einem Lächeln zuwandte.

Die Wiederbegegnung mit Zerwas nach fast zwei Wochen verlief seltsam. Noch während ihres Aufenthalts im Tempel hatte sie eine Nachricht von ihm bekommen: Er hatte endlich eine Unterkunft gefunden, die ideal war. Für sie beide. Beide allein. Mit gemischten Gefühlen umarmte sie den Uralten und ließ sich die Kammer im Dach zeigen. Sie hatte gewusst, dass Zerwas die enge Unterbringung in der Smaragdnatter von vorn herein verabscheute hatte. Zu viert in einer Dachkammer war seinem Verständnis von Privatsphäre zuwider gelaufen.
Er hatte dieses animalische Lefzenziehen um den Mund herum, dieses Zittern der Nasenflügel, wenn ihm etwas missfiel. Und das hatte sie da gesehen.
Sie war froh, dass die beiden Tralloper Fohlen, um die Zerwas sich wirklich ausgezeichnet gekümmert hatte, wohlauf waren und endlich mehr Platz hatten, die Hufe zu bewegen.
Auch sonst gefiel ihr der Hof. In seiner naiv-pragmatischen Ländlichkeit wirkte er besinnlich, behütet, wie das Abbild eines geregelten Lebens.
Sie irritierte, dass Zerwas mit den Hofbesitzern ausgemacht hatte, für sie zu arbeiten. Seine kräftige Mithilfe drückte den Preis beachtlich, aber irgendetwas verstörte sie an dem Bild des Vampirs mit von Erde schmutzigen Nägeln. Es passte nicht zu ihm und trotzdem war sie gleichzeitig froh darüber. Erleichtert, dass unter dem Eindruck des perfekten Mannes, der erhabenen Eleganz und der übermenschlichen Anziehungskraft etwas war, das sich nicht scheute, schmutzig zu werden. Von Arbeit schmutzig – nicht vom spritzenden Blut seiner hilflosen Opfer.
Sie erzählte ihm eine Kurzfassung des Tempelaufenthalts und machte sich dann an ihre überfällige Gareth-Runde. Während Zerwas den Bauern zur Hand ging, hegte sie theologische Diskussionen über Tsatuaria im Tsa-Tempel und verunsicherte die dortige Kindergärtnerin mit ihren angedeuteten, ketzerischen Theorien (die sie selbstverständlich so formulierte, dass ihr nichts vorzuwerfen war). Anschließend führte ihr Weg sie zu Alrik Garether, dem Hauptmann der Spießbürger. Sie sicherte sich einen Termin für ihren dreiwöchigen Dienst als Wächterin. Sie bestaunte zum wiederholten Male das Theater ‚Fuchsbau‘ am Brig-Lo-Platz – es war sechsstöckig! – und endete zum Nachmittag im ‚Lowanger-Greiber-Waisenhaus‘ in Eschenrod.
Sie trug ihre, wie sie sie nannte ‚Abenteurerkluft‘, weshalb sie nicht ganz so argwöhnische Blicke auf sich zog, als wenn sie in ihrer Bürgerkleidung erschienen wäre.
Es war auch ganz einfach sicherer, nicht zu hochtrabend durch das Südquartier zu stolzieren. Das wusste sie zu gut.

Nach einigen Worten der Höflichkeit ließ Nef sich von der Heimmutter, einer Traviageweihten mit ehrlichen runden Augen von reinstem Blau, zu den Kindern begleiten. Etwa dreißig von ihnen lebten hier – Waisen der Straße, wie sie selbst vor Jahren eine gewesen war. Ohne eine Gruppe konnte man im Südquartier kaum überleben. Oder man verkam zu einer Mauerpflanze, die vegetierte und nichts anderes mehr verinnerlicht hatte als das bettelnde Heben der verknöcherten Hand wenn jemand vorüberging.
Zwei wertvolle Informationen nahm sie mit aus ihrem kleinen Blumengarten, wo sie ihre vielversprechenden Pflänzchen behüten ließ: Der eine – ein junger Mann namens Pavel war wegen herausragender Fähigkeiten bis in den Seelander vermittelt worden, wo er eine Ausbildung erhielt. Der Küche selbstverständlich nur, aber auch das war ein wahres Wunder – ein Junge aus Eschenrod wusch die Teller der Reichsten. Ob da ein unehelicher Vater mit schlechtem Gewissen seine Finger im Spiel hatte?
Der zweite Sprössling war die vielversprechende kleine Efferdlieb. Mit neun hatte sie angefangen zu nähen und nun war sie elf Jahre alt. Neferu wurde ein ganzer Satz Kleidung ausgehändigt, die das Mädchen genäht hatte. Kindliche Nähte, ein großzügiger Stich, aber so gleichmäßig als hätte das Kind bereits ein Jahrzehnt Erfahrung.
Neferu begutachtete wie eine reiche Gönnerin das blondbezopfte Kind. Efferdlieb war ernst und hatte Augen, die so tief und streng blickten, dass man sie wesentlich älter schätzen konnte, als sie an Jahren zählte.
Während die Phex-Hexe die Kleine begutachtete wie eine Investition in die Zukunft, stand diese ganz ruhig.
Efferdlieb… ging es durch Nefs Kopf. Sie war so genannt worden, weil man sie als Kleinkind herumirrend und schmutzig am Fluss gefunden hatte. Efferdlieb sollte eine Zukunft haben. Und einer von den Beweisen werden, der zeigte, dass auch die, die ganz unten waren, durch Fleiß und Durchhaltevermögen ganz nach oben kommen konnten. Und irgendwann sollten all diese elternlosen Kinder leben wie Hal in Alveran.
Neferu bündelte die kleinen Kleidungsstücke und machte sich auf dem Weg zurück in die Altstadt, es dunkelte schon. Sie musste sowieso zu Störrebrandt. Vielleicht konnte sie so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Aber zuvor holte sie Phexdan vom Brig-Lo-Platz ab.
Mit den Worten „Wenns dunkel wird am Göttermonument!“ war er schon zur frühen Stunde entschwunden und nur die Zwölfe konnten ahnen, wo er sich so dringend herumtrieb. Sie rollte mit den Augen.

~

Schon drei Stunden lag sie im Bett und starrte eine neue, hölzerne Decke an.
Sie hatte es tatsächlich geschafft. Zwar war sie unangenehmerweise beim ersten Anlauf von der Ausstrahlung Störrebrandts im wahrsten Sinne des Wortes aus den Schuhen gehauen worden – eine peinliche Situation, die zwei Leibmagier des Kaufmannes hatten sie untersucht und so die Magie in ihr festgestellt – doch neben diesem Ohnmachtsanfall (schon wieder einer! Und das, obwohl sie die Prozedur Rohalides‘ über sich hatte ergehen lassen!) hatte der Pfeffersack zugestimmt, sich Efferdlieb einmal anzusehen, nachdem er die Arbeit ihrer kleinen Hände vorerst kurz einschätzend überflogen hatte. Und sie war auch in sein Archiv gelangt. Anscheinend interessierte es einen der reichsten Männer Aventuriens selbst, was aus seinem Wagenzug 2098-031 geworden war. Sie hatte nämlich in Erfahrung bringen können, dass dieser Handelszug, begleitet von fünfzehn Personen und einigen Ballen Fellen und Stoffen, in denen Mondsilber und Arkanium transportiert worden war, auf nimmerwiedersehen irgendwo im Bornland verschollen waren. Mit Pferd und Wagen, alles weg – nicht einer hatte ihr Ziel, Norburg, erreicht.
Aber es war nicht einmal die Akte selbst, die sie so aufwühlte, sondern ein Pergament, das in ihr lag. Es passte thematisch und optisch nicht zu Störrebrandts Archiv, sondern es zeigte ein klassisches Rätsel… Symbolisch gezeichnete Orte, eine Fuchsfährte.. und drei Häuser mit einem Fuchskopf. Sie hatte ihren nächsten Hinweis gefunden!
Neferu wandte den Kopf, als Zerwas das Schlafkämmerchen betrat. Unverschwitzt mit kaum zerzaustem Haar, dazu ein undeutliches Lächeln, kam er auf sie zu.