Die Zeichen der Sieben

Perricum 2 (Vitus) (PER 1013)

Vitus wusste nicht, wie er durch diese Tore gehen sollte, ohne das Inneres von der Schuld zerstört werden würde. Er erinnerte sich an seine Freunde, Kameraden, die Frau und soviel Leid, das womöglich entstanden war durch seine Tat. Vielleicht war sogar Xeraan in dem Transport gewesen? Dann wäre er für die Taten, für die Verstümmelung seiner Base, den Tod vieler Unschuldiger verantwortlich. Seine Atmung wurde flacher und er hatte das Gefühl langsam von seinem Pferd zu gleiten, als der Ruf nach Garions Namen ihn aus diesen Gedanken riss.

Ein junger Seeräuber stand neben einer Lichtgestalt in Mitten von weißen und roten Wappenröcken. Eine Reisegruppe von Geweihten der Rondra mit einem Elfen und einem Piraten, dieses Bild verwirrte Vitus. Besonders, dass dieser Pirat nach Garion rief. Man näherte sich dieser Reisegruppe und Vitus konnte den Namen William dem Piraten zuordnen. Der Elf war ein ausgebildeter Magier im Rang eines Adeptus minor mit dem Namen Cyruion. Garion schien diese beiden Personen zu kennen. Vitus fielen viele Namen für diesen William ein, wie Seeräuber, Frauenschänder, Schwerenöter und Pirat. Er mochte ihn einfach nicht, aber vielleicht tat er ihm auch einfach Unrecht. Dagegen schien der Elf gebildet und aufrichtig, fast wie schwarz neben weiß standen die zwei dort.

Die Reisegruppe von Geweihten wurde nach und nach durch die Tore gelassen. Vitus spürte bereits die Ketten an seinen Handgelenken und rieb sich die Handgelenke leicht. Auf einmal sprach die Wache die Gruppe an und William versicherte, dass alle zusammen gehörten. Garion, Tarambosch, Cyruion und William durchschritten langsam das Tor, während Cyruion und William berichteten, wie sie hier her gelangt waren. Vitus‘ Blick fuhr unter dem Tor hindurch, war er nun doch in seinem Gefängnis angelangt.

Die Schritte von Vitus waren langsam und er führte mit verkrampfter Hand sein Pferd durch die Gassen von Perricum zur Ordensburg der Ardariten. In seinem Inneren wollte er Garion und Tarambosch alles zu schreien, jede Tat offenbaren. Sie wussten nicht, dass ein unehrenhafter Verbrecher unter ihnen war. In Vitus Gedanken sah er sich schon gefesselt an eine Säule und mit Peitschenschieben bestraft. Jeder Stein, der Vitus zum Stolpern brachte oder ihm den Weg erschwerte, führte zu einem weiteren Peitschenhieb auf seinem Leib. Sein Verstand wusste, dass die Strafe eine lange Haft oder eine hohe Ableiste sein würden, aber sein Herz forderte eine höhere Strafe.

Bei der Ordensburg der Ardariten angekommen trennten sich die Wege der Fünfe. Cyruion und William gingen weiter mit den Geweihten zur Löwenburg. Während Garion dafür sorgte, dass Tarambosch und Vitus in der Ordensburg der Ardariten einen Schlafplatz erhielten. Vitus beschlich langsam ein ungutes Gefühl, bereits der Vorsteher zum Schlafsaal hatte ihn erkannt. Er wusste, dass am nächsten Tag seine Reise enden würde. Nach dem Abendmahl versuchte Vitus Schlaf zu finden und nach einigen Stunden gelang es ihm auch.

Am Morgen wurden Vitus und Tarambosch von Garion geweckt und Vitus begann seine Sachen sorgsam zusammen zu legen, wie für eine Abreise bereit. Er war sich noch immer unschlüssig, was er nun tun sollte. Zum Glück riss Garion ihn aus seinen Gedanken. Er berichtete von der Morgenmesse im Rondratempel zu dem man sich aufmachte. Die Stufen zum Tempel hatte Vitus seit mehr als einem Jahrzehnt nicht gesehen. Die Sonnenstrahlen auf den Löwenstatuen ließen ihn die Augen feucht werden. Die Morgenandacht verfolgte er nur mäßig, immer seine unehrenhafte Tat im Hinterkopf.
Danach ging Vitus an der großen Rondrastatue vorbei, mit dem Worten im Kopf  „Rondra, die Schuld ist mein. Ich alleine stehe zu meiner Schuld, ich bin es, der die Verantwortung trägt. Ich bin es, der Buße tun muss, ich bin es, dem Strafe gebührt. Rondra, die Schuld ist mein. ließ er einige Münzen in den Schlitz des Opferstocks fallen. Er wollte nur noch in die Ordensburg der Ardariten zurück, er behauptete um zu speisen, aber eigentlich ertrug er die Schuld kaum noch und wollte sich verstecken.

Trollzacken 1 (Vitus) (PER 1013)

Tarambosch, Garion und Vitus machten sich gen Westen nach Arivor auf. Garion wollte wohl seine Heimat wiedersehen. Vitus hatte bei den Amazonen die Eindrücke erst angefangen zu verarbeiten. Einem Geweihten war er bisher noch nie gefolgt und Garion hatte einen starken Eindruck auf ihn gemacht. Er wollte die beiden noch ein Stück begleiten um zu sehen, was ein Weg beäugt von den Göttern aus einem Mann macht.

Als die Gruppe Beilunk und Drileuen hinter sich gelassen hatten wurde Garion langsamer. Vitus dachte er wäre einfach in Gedanken oder  von den rondragefälligen Taten bei den Amazonen erschöpft gewesen, aber es musste mehr sein. Garion berichtete er müsste nach Perricum und beschleunigte sein Pferd. Die Reittiere der Gruppe versuchten sich dem Tempo von Garion anzupassen. Vitus hatte Mühe sein Pferd unter Kontrolle zu halten und dabei seine Gedanken zu ordnen. Perricum war mehr als eine Stadt, mehr als eine Schuld, mehr als nur eine Reise. In jedem Augenblick danach dachte Vitus an eine Fluchtmöglichkeit vor den beiden, aber welche Lüge sollte er den beiden berichten? Zudem war er sich nicht sicher, wenn Garion im Namen Rondras gerufen würde, was der Blick Rondras vom Verlassen der Gruppe halten könnte.

Die Reise verging für seine Begleiter zügig, doch für Vitus schien es ein Aufstieg auf eine Himmelstreppe zu sein. Die Sonne schien für Vitus zu einem Jocht zu werden, das Praios ihn auferlegte. Seine Zunge schien zu Blei zu werden und selbst die morgendliche Begrüßung schien er zu vermeiden. Die Gruppe näherte sich den Darpat und musste diesen auf ihrem Weg überwinden. Der Darpat stelle für Vitus die letzte Grenze dar. Er war wieder in Perricum, die letzte Gelegenheit sich erneut von seiner Schuld, seinem Verrat und jeder Ehre abzuwenden. Er schaute auf seine Begleiter, jene ehrenhaften Krieger, denen er seit seiner Jugend nacheiferte. Der Schweiß brach aus seinem Körper und seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Er wusste nicht ob er weinen, schreien oder kotzen sollte beim Anblick des Flusses und den Mauerspitzen von Perricum, die er gut kannte. Er konnte sich gerade noch vor diesen Ausbrüchen retten, doch Tarambosch und Garion richteten ihre Blicke auf ihn.

Vitus versuchte die beiden zu beschlichtigen, dass ihm nur das Schwanken der kleinen Fähre und die Seeluft zu schaffen machte. Dabei mochte er den salzigen Geruch an diesem Fluss. Am anderen Ufer mahnte Garion erneut zur Eile, dabei wollte Vitus sich immer mehr der Dunkelheit in seinem Herzen anschließen und einfach fliehen. Mit der Erinnerung an die Worte „Lass mich standhaft sein im Angesicht meiner Feinde.“ fasste er sich ein Herz und folgte mit gesenkten Blick der Gruppe.

Die Mauern von Perricum erhoben sich wie mächtige Mahnmale vor Ihnen auf das sie einen kurzen Moment innehielten. Vitus schaute auf die Straßenwachen und die Gardisten an den Toren. Er versuchte die Reisenden zu zählen, aber es waren zu wenige um unerkannt zu bleiben. Langsam löste er ein Tuch und feuchtete es an, ehe er sich um den Kopf band. Garion erzählte er erneut die Lüge von der Seeluft. Diese Lüge war nur ein weiterer Stein auf der Waageseite in den Abgrund. Das Tor zu Perricum kam immer näher und Vitus versuchte nicht vom Pferd zu fallen. Dieser einmalige Duft von Großstadt, Seeluft, tulamidischen und mittelreichischen Gewürzen ergriffen Vitus Nase. Sie hatten Perricum erreicht und Vitus spürte die Blicke auf sich gerichtet, seine Seele die langsam von Praios entflammt wurde. Hier würde er sein Ende finden, nach diesen Mauern gäbe es kein Entkommen mehr, es wäre eine Heimkehr für immer.

Perricum 1 (Cyruion) (PER 1013)

Summend ließ es sich der hochgewachsene Elfenmagier auf dem Rücken, im Sattel sitzend, des Weißlöwen gut gehen, wie die Rondriten das Pferd genannt hatten. Von Anfang an hatte die Beziehung der Beiden unter einem guten Stern gestanden: Das Pferd warf den Elfen nicht ab und er behandelte es nach bestem Wissen und Gewissen, als wäre es eines der eigenen Beine. Entsprechend bekam das Tier auch an ruhigeren Tagen genug Auslauf, doch ebenso auch die hin und wieder bitterlich benötigten Verschnaufpausen.

Obendrein hatte Cyruion bereits vor der Abreise das Nötigste klarstellen können, so dass die Geweihten voll im Bilde über ihren elfischen Gefährten waren, es ihm an nichts mangelte, das seine Stimmung und damit gegebenenfalls auch seinen Wirkungsgrad schmälern konnte. Die Fesseln waren zwar nicht bequem, doch eine optimale Lösung, die ihn für die Dauer der Reise an Ort und Stelle hielt. Sein Schlaf war zwar bereits besser gewesen, doch ihm blieb nichts als sich umso mehr der Zeiten mit Tageslicht zu besinnen und das Beste herauszuholen. In diesem Fall handelte es sich dabei zunächst um Wissen.

All die Informationen, die er den anderen entlocken konnte. Für Menschen waren diese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht mehr als selbstverständlich, doch für die Gestalt auelfischer Herkunft war ein Viburn von Hengisfort ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Ein Blatt, das für die Kirche mehr einen tragenden Ast darstellte, der im Sturm ruckartig zu Boden gegangen und gesplittert war. Ein trauriger Umstand, doch hatte besonders das Menschenleben doch immer, irgendwann ein Ende. Einige Zungen unter den Geweihten sprachen allerdings von Mord am Hoftag in Gareth, andere hatten ebenso ihre Thesen zum natürlichen Ableben des Schwerts der Schwerter.

Alleine der Gedanke an Mord trieb das blanke Entsetzen und Unverständnis in seine Miene. Nie hatte er verstehen können, was der grundlose Tod oder Mord den Menschen gaben. Sein eigener, größter Exzess in diese Richtung war das bewusste Wirken eines Fulminictus, der etwa eine Hand voll verwundete Goblins erlöste – vom Pockenleiden – und zudem hatte dieser Zauber den Effekt, dass seine Freunde sich nicht mit der zumeist tödlichen Krankheit infizieren konnten. Aus seiner Sicht die einzig richtige Entscheidung, besonders da er sich ohne Risiko einzugehen in den Goblinpulk hatte begeben können. Aufgrund des elfischen Blutes, das seine Adern durchfloss, wurde er glücklicherweise sehr selten krank.

Cyruion schüttelte den Kopf. Dieser Tage würde er ein solches Risiko kaum eingehen müssen, die Rondriten hatten dem Magier grundsätzlich zu verstehen gegeben, dass er sich von Kämpfen mit seiner Magie fernhalten sollte. Die Ehrenhaftigkeit ihres Kampfes sollte wohl nicht besudelt werden, obgleich er bei schweren Krankheiten jederzeit den Vorschlag unterbringen würde, ähnlich vorzugehen. Denn was nützte Perricum eine Horde kranker Geweihter. Er sollte jedoch keinesfalls selbstständig tätig werden, ansonsten würde sich Aldare VIII., ihres Zeichens die Anführerin der Delegation, wohl noch persönlich des Elfen mit der Vorliebe zum Nadelstich vornehmen.

Er schluckte leicht. Ebenso wenig wie an Mord wollte er daran denken, wie ihn Aldare konfrontierte. Die adlige Geweihte war für ihn nahezu unerreichbar und er hatte es aus einem grundlegenden Respekt der Frau gegenüber schon kaum gewagt, überhaupt ein Wort an sie zu richten. Sie hatte ihn wenn, dann sowieso nur wieder an seine Aufgabe erinnert und schien der Gespräche über sich selbst überdrüssig oder sah dies als den falschen Moment an.

Seine Begleiter, die ebenso das mysteriöse Artefakt bewachten, waren glücklicherweise gesprächiger, vielleicht weil ihnen mehr Zeit dafür blieb als der Meisterin der Senne Nord. Eventuell lag es jedoch auch daran, dachte sich der Elf früh auf der Reise, dass es nur zwei Schwerter waren, die sie neben dem Tross zu bewachen hatten. Zwar die Amtsschwerterin der Aldare, doch wer würde zwei Schwerter stehlen?

Narond, Thali und Rondrald konnten ihm diese als eine von wenigen Fragen nicht beantworten. Falls doch, durften oder wollten sie es möglicherweise nicht. In anderen Punkten waren sie dafür umso aufschlussreicher. Da war es gleich, ob es nun um ihre Stellung in der Kirche ging, ob sie Ehemann oder -weib ihr Eigen nannten oder was ausschlaggebend dafür war, dass sie heute Geweihte der Löwengöttin waren.

Insbesondere Narond und Thali fand der Auelf als Gesellschaft insgesamt ansprechend. Lediglich mit Rondrald hatte er weniger zu schaffen. Doch Narond und Thali hatten etwas besonderes an sich. Er, der Geweihte, war mit einer Elfe verheiratet und ursprünglich als Pilger nach Donnerbach gekommen und sie wirkte wie eine Art beste Freundin für die Reise, die den Schneider aus den Auen zu amüsieren wusste. Denn in seltenen Momenten verspürten sie ähnlich weibliche Gelüste, etwa über Kleidung verschiedener Art zu sprechen, soweit das von Frauen denn überhaupt erwartet wurde, und insbesondere dass Thali sich von Perricum erhoffte doch einiges probieren zu können, das sie sich bislang nicht zugetraut hatte – doch eher, weil es Gewandung mit aranischem Einschlag in Donnerbach nicht oft zu sehen gab und die Beschaffung ansonsten überdurchschnittlich teuer wurde. Sie hatte etwas ambivalentes. Einerseits, in einigen Situationen, eher mädchenhaft mit dem Elfen am quasseln und ansonsten das, was die Garether als Amazone empfinden konnten. Kräftig, muskulös, auf eine eigene Art und Weise Stolz und, ganz davon abgesehen, im Zweifelsfall tödlich.

Die Tage verstrichen. Mittlerweile waren sie vielleicht acht, neun Praoisläufe unterwegs und glaubte er dem Hörensagen einiger Löwenritter und Geweihten sowie dem groben Abschätzen anhand von Landkarten, hatten sie Perricum bald erreicht. Cyruion hob die Mundwinkel. Zwar bekümmerte ihn das Ende der Reise etwas, da dies einen baldigen, wenn auch vorerst vorläufigen Abschied bedeutete, doch er war gespannt was ihm die Stadt bot.

Seine Begleiter hatten sie bereits mit Donnerbach verglichen, waren bislang aber nie dort gewesen und konnten allen voran die Bedeutung für ihre Kirche herausstellen. Doch das genügte dem Elfen, an und für sich, noch nicht. Und, tatsächlich, gegen Abend des zehnten Tages konnten sie die Silhouette Perricums bereits erahnen. Es war nicht mehr weit…

Der elfte Tag wurde früh in Angriff genommen, um bald schon auf der Löwenburg verweilen zu können. Für Aldare bedeutete dieser Aufenthalt sicherlich Arbeit, Zeit, die sie unter Garantie lieber mit ihren Hunden verbracht hätte, doch ihr Amt bedeutete die Verpflichtung sich um allerlei zu kümmern. So hatte es Rondrald dem Elfen zumindest in einem ihrer seltenen Gespräche vermittelt. Dann war es eben so. Doch daran wollte Cyruion gerade gar nicht denken, dafür war er zu aufgekratzt. Er hob einen Mundwinkel. Sich ein wenig zu beruhigen konnte nicht schaden. Gerade als er ansetzen wollte, gab ihm seine Umgebung allen erforderlichen Anlass zu stocken und innezuhalten.

Garion!“, krakeelte eine Stimme aus Richtung des Darpat.

Aufmerksam späte Cyruion zur Seite, hatte er sich verhört, waren seine Ohren dem Alter zum Opfer gefallen? Nein. Thali hörte es auch. „Garion? Habt Ihr nicht auch von einem gesprochen, von Arivor?“ Bedächtig nickte Cyruion. „Ich kann mit ihm sprechen. Vielleicht sucht er Garion, oder ihm ist etwas passiert.“ Keine zehn Augenblicke später war der Tross zum Stehen gekommen und Narond nahm sich Weißlöwe an, während Cyruion der empfunden Pflicht nachging dem Fremden entgegenzukommen. So, wie er es an der Schule gelernt hatte, den Menschen entgegenkommen. Kurz zuckten seine Mundwinkel. So war es zwar nicht gemeint, aber… witzig fand er es dennoch für den Moment.

Von einem nicht allzu großen Flusskahn sprang eine dunkel gekleidete Gestalt auf den sicheren, wenn auch matschigen, da flussnahen, Erdboden und näherte sich Cyruion. Unweit des Kahns hielten beide inne und musterten sich zunächst, ehe der Fremde von seinem Begleiter noch einmal angesprochen wurde. Abgelenkt vom wilden Aussehen des Menschen bekam Cyruion nur Bruchstücke mit, wie den vermeintlichen Namen des Mannes. „Du bist Will? Kennst du Garion?“, hakte Cyruion nach und wusste nicht, wo er überhaupt hinsehen sollte. Auf die ausgeleierten, nassen und dreckigen Leder der Stiefel an den Füßen der Gestalt, auf den Hut oder das perplex-freundliche Lächeln auf den Lippen.

Ist dein Garion aus Arivor und so behaart wie ein Bornbär?“, wollte Cyruion auf die bejahenden Antworten in Erfahrung bringen. Zumindest war ihm danach, solange sie sich noch in Flussnähe aufhielten. „Und, kennt er von Arivor?“, schallte es dann aus Richtung Tross. Thali. „Ja! Garion schuldet ihm Geld, hat er gesagt.“, was William mit einem Mal verneinte, stattdessen sollte es sich beim Ardariten aus dem Bornland um einen Freund handeln. Irritiert sah der Magier von William zu Thali und teilte auch diese Information, ehe er sich mit dem Mann Richtung Tross aufmachte.

Es wurde kurzerhand geklärt, dass er sich auf das Pferd des Elfen setzen könne. Bis, ja, bis Cyruion allmählich weniger danach wurde die neue Bekanntschaft an seiner Seite zu wissen. Der Darpat hatte wohl das überstrahlt und weggeweht, was Cyruion nun in die Nase stieg. Gestank. Von solch einer Intensität, dass sich Cyruion fast schon vor Schreck übergeben musste und gerade noch am Kopf seines Pferdes vorbei brechen konnte. Der Seemann hinter dem Elfen merkte dies und bot seinem Reiter irgendeine alkoholische Substanz aus einer Flasche, die das Leiden des Elfen nur größer werden ließen. Erneut konnte er das, was einmal Essen gewesen war, nicht in sich halten und begann sein Leid zu klagen, allen voran Narond. Er musste, nein, wollte diese Person nicht hinter sich, neben sich oder an sich wissen.

Abermals hielten sie und Narond nahm den Seemann recht zügig mit auf sein Pferd und beteuerte, dass die Elfennase und kein persönliches Problem verantwortlich für die Gebaren des Elfen waren. Jenes Elfen, der seinen Kummer für die nächsten Minuten in Wasser aus einem Schlauch ertränkte, um den faden Geschmack von Erbrochenem hinfortzuspülen. Leidgeplagt und etwas vorner reitend, stimmte Cyruion etwa eine halbe Stunde später ein Lied an. Sie kannten dieses Verhalten bereits, die mit ihm ritten, denn besonders wenn er sich nicht wohl fühlte, tat er Dinge die seinem bisweilen schlichten Gemüt halfen die Situation zu überwinden. Gestört hatten sie sich nicht daran, denn er kannte sie immerhin, die Choräle, die eher völkischen und einfachen Texte ihrer Lieder, die Rondra sowie ihre Aspekte oder Legendenstalten glorifizierten.

Für ihn überraschend stimmten sie, so nahe bei Perricum, sogar ein. Ganz so, als hätten sie sich für die letzten Meilen noch einmal motivieren wollen. Die letzten Meilen, die einen beunruhigenden Umstand mit sich brachten: eine Fassade. Nicht die irgendeines Hauses, sondern das Äußere von Perricum. Etwas, das immer größer und größer wurde und Cyruion, als sie kurz davor standen, vor den Mauern von Perricum, ins Staunen versetzte. Diese Mauern waren nur mit einem Wort würdig zu beschreiben: gigantisch. Fast schon hatte er den Eindruck, dass die Garether Mauern dagegen winzig wirkten. Selbst er, so gut seine Augen auch waren, konnte nur noch mit Mühe, ganz oben, die Wachen erkennen, die sich dort oben bewegten und wahrscheinlich einen der schönsten Blicke über die Stadt genießen konnten.

Seinen Begleitern ging es ähnlich, wahrscheinlich hatten sie sogar denselben Gedanken:

Perricum war ein Bollwerk!

Ein wehrhaftes Bollwerk, der Rondra.

Donnerbach 3 (Cyruion) (PHE 1013)

Nach einem sachten Blinzeln legte der großgewachsene Elf den Kopf ein Stück weit auf die Seite und betrachtete das eigene Antlitz noch einen Moment länger in einer Pfütze, die sich am Morgen bei starkem Regen gebildet hatte und mittlerweile unter der zurückgekehrten, frühlinghaften Mittagssonne litt. Seine Haare saßen nicht, wie es ihm am liebsten war, doch die Ereignisse in der Akademie hatten ihn derart überrascht und erfreut, aber auch verwundert, dass er die mittelblonde, lange Strähne in seinem Gesicht ausnahmsweise duldete.

Seitens der Akademie war er einer Delegation von Rondra-Geweihten anempfohlen worden, die sich aus ihm unbekannten Gründen nach Perricum begeben wollte. Er sollte auf dieser Reise die magische Komponente darstellen, die sich um den Schutz eines Artefaks sorgen durfte und die Rondriten, soweit möglich, mit weiteren Fähigkeiten unterstützen. Für seine Unterbringung und Verpflegung bis Perricum war gesorgt und womöglich konnte er auch mit den Löwen zurückreisen, oder er war auf sich allein gestellt. Seine Neugier war jedoch spätestens ab dem Zeitpunkt geweckt, als sich herausstellte, dass nahezu die komplette Besatzung des örtlichen Rondra-Tempels nach Perricum reisen sollte. Was war derart besonders am Ziel, warum jetzt und was bewachte er, warum nahmen sie es mit und wo lag Perricum überhaupt?

Rasch hob Cyruion das Haupt an und wischte sich die Strähne aus dem Gesicht. Die Abreise war für den darauffolgenden Morgen angedacht und vorab sollte er von seinen Begleitern noch über weitere Besonderheiten hinsichtlich der Reise instruiert werden. Bis dahin blieb dem Elfen Zeit, seine Habe zu ordnen und das Nötigste in seine Taschen zu buchsieren. Rondra! Perricum! Neue Mode, neue Stoffe – ein neues Abenteuer? Cyruion lächelte beinahe selig, während er durch Donnerbach flanierte. In der Hütte seiner Eltern angekommen, die er noch immer sporadisch mitbewohnte, begann er mit den erforderlichen Vorbereitungen. Besonders sein Tagebuch durfte er nicht vergessen… Außerdem musste er den Menschen der Delegation spätestens am Morgen noch kund tun, dass sie viele Äpfel oder Birnen mitnehmen sollten. Schließlich konnten sie und er nicht wissen, was für Pflanzen auf dem Weg nach Perricum wuchsen und es war ihm nicht lieb, auch nur daran zu denken, zu wenig dabei zu haben. Es musste sowieso seiner Nase hinreichend zusagen, aber in seine Tasche bekam er sicherlich nicht genug für eine längere Reise.

Er stockte. Blauäugig wie neugierig hatte er dem Vorhaben bereits zugesagt. Er hätte das Obst bereits ansprechen müssen und außerdem sollte noch die andere Sache Erwähnung finden.

Immerhin betraf das ihre und seine Sicherheit.

Mit nunmehr ernster Miene packte Cyruion seine Sachen zusammen und stellte die Tasche neben seinem Bett ab. Danach machte er sich noch einmal zum Tempel der Himmelsleuin auf, um die letzten Punkte bezüglich der eigenen Person mit einem der Geweihten bereits heute zu besprechen. Dass sein Schlaf bisweilen in Wanderungen ausartete, das mussten sie wissen, bevor sie aufbrachen. Ebenso wie sie über die unbedingte Notwendigkeit von Obst oder, ersatzweise, Gemüse Bescheid wissen mussten.

Cyruion schmunzelte bei all der Ernsthaftigkeit vergnügt. Diese ganze Sache hatte für ein unangemessenes Maß an Zerstreutheit gesorgt, dass er wichtige Dinge zunächst übergangen oder verdrängt hatte. Doch jeder Schritt in Richtung des Tempels fühlte sich, gerade jetzt, wie eine gute Sache an. Für Rondra, für Rondra… und den Elfen ebenso.

Kurkum 1 (Vitus) (PER 1013)

Vitus dachte in Kurkum über die letzten Tage nach. Die Taten und Unwissenheit mancher in dieser Reisegruppe führten zu Streit und einigen Verletzungen, die man nicht so leicht behandeln konnte. Zudem gab es schreckliche Taten, die ihn für sein restliches Leben beschäftigen würden.

Zum einen hatten sie im Wald eine brennende Hütte erblickt und bei der Untersuchung dieses Ortes kam es nur schlimmer. Es wurde ein junges Mädchen gefunden und Vitus hatte Mühen dieses Leben zu erhalten. Ihr Leib war zerschnitten und die Eingeweide vergifteten bereits das Blut. Vitus wollte dieses Leben nicht so leicht hergeben und gewann letztlich den Kampf. Aber dieses Kind ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, während er in Kurkum sein Heilerwerkzeug säuberte.

An einem anderen Tag wurde er zeuge von der Macht Rondras und der Festigung des Glaubens durch Garion in der Gruppe. Dieser musste seinen Glauben rechtfertigen mit einem vernichtenden Sieg, als erstes über Nina und danach über eine Amazone. Nina scherte sich nicht um Rondra und spuckte auf den ehrenhaften Kampf zu Gunsten des Überlebens, was Garion nicht tolerieren konnte. Garion verletzte Nina schwer und Vitus musste in den Reihen der eigenen Gruppe sein Handwerk anwenden. Doch die Gruppe hatte dies gespalten und Nina wollte nicht mehr bei der Gruppe nächtigen, vielleicht ein Grund warum sie sich letztlich von der Gruppe trennte. Dieser Tag endete gar noch schlimmer als Garion mit einer gefangenen Amazone sprach und im Laufe des Gesprächs ihr das Bein abschlug. Der Weg der Rondra ist nicht leicht, dachte Vitus während er sich daran erinnerte. Garion musste schwer an seinen Taten tragen oder machte der Glauben diese Taten leichter?

Nach diesen Ereignissen hatte sich die Gruppe gespalten. Garion, Tarambosch und Rychard reisten mit Vitus weiter, um Kurkum zu finden. Die anderen bewachten die verletzte Amazone, die Vitus einigermaßen stabil hinterlassen konnte. Diese Spaltung war notwendig, immerhin beruhigten sich die Gemüter dadurch etwas. Durch diese Ruhe gelangte man nach Kurkum und konnte letztlich die Amazonenkönigin retten. Dafür mussten nicht weniger als zwei Dämonen überwunden werden, doch ihr Schöpfer Xeraan konnte entfliehen. Dieser war auch für die ganzen Taten der Amazonen verantwortlich und hatte letztlich Yppolita außer Gefecht gesetzt.

Xeraan hätte der gefangene Magier bei Perricum gewesen sein können, dann wäre Vitus selbst schuld an diesen Taten gewesen. Diesen Gedanken schob Vitus immer wieder aus seinen Gedanken und versuchte sich auf die alltäglichen Arbeiten in Kurkum zu konzentrieren. Garion war gänzlich von Rondra erfüllt und nahm kaum etwas zu sich, so dass Vitus regelmäßig um seine Gesundheit besorgt war und ihm etwas zu Essen brachte. Vitus dachte darüber nach, ob all diese Aufgaben ein Zeichen der Götter waren und es Zeit war, seine Ehre wiederherstellen zu können indem man Garion folgte. Die Entscheidung festigte sich als Vitus der Hengst Rondril übergeben wurde als Geschenk der Amazonen. Ein Pferd in Bezug zu Rondra, für eine lange Reise und im Kampf nicht scheu. Vitus erkannte den Weg, den er nun zu gehen hatte und empfand die Entscheidung bei Garion zu bleiben als richtig.

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