Havena 17 (Neferu)
Kategorien: 1013 BFDer Tod trägt RotHavenaNeferuZeitraum: EFF 1013
Trotz des weichen, fremden Bettes, des Blutverlusts und der allgemeinen Erschöpfung, konnte Neferu nicht einschlafen.
Ab und zu drifteten ihre Gedanken in weite Ferne, als kämen sie einem Traum nahe, aber das kleinste Geräusch ließ sie bemerken, dass sie immer noch wach war.
Eigentlich war es ja auch kein Wunder, dass sich ihr der Schlaf verwehrte.
Ihre linke Gesichtshälfte war geschwollen, verbunden und pochte wie ein zweites Herz.
Ihr war gesagt worden, dass der Unterkiefer an zwei Stellen des Knochens gebrochen war. Es konnte Monate dauern, ehe sie wieder anständig kauen konnte. Monate! Und das Trotz Behandlung eines Heilkundigen. An Sprechen war selbstverständlich auch nicht zu denken.
Argwöhnisch wühlend warf sie sich auf den Laken herum. Ein Fehler, wie ihr sogleich schmerzvoll alarmierend der geborstene Knochen signalisierte.
Ein schicksalsergebener Seufzer und sie drehte sich zurück auf die Seite, auf der zu schlafen sie eine ganze Weile verdammt war.
Sie nahm ihre Situation mit ungewöhnlichem Gleichmut.
Wie war sie doch selbst Schuld. Nicht umsonst gab es unzählige, warnende Geschichten über die Blutrünstigkeit der Kreaturen der Nacht.
Hatte sie all das so sehr auf die leichte Schulter genommen?
Zerwas war ein Vampir. Er hatte ihr schon gefallen, bevor sie das gewusst hatte, aber dennoch… Sie hatten sich beide in vollem Wissen auf die Gefahr eingelassen und hatte jetzt ihre Rechnung für diese Unvorsichtigkeit erhalten. So einfach war das.
Wenn sie jetzt für immer verunstaltet blieb, war das ein Jammer, aber vielleicht fand sie dann endlich heraus, auf wen es wirklich ankam…
Ob Zerwas sie liebte? Konnte ein Vampir dieses Gefühl überhaupt noch empfinden?
Oder ob er jetzt das Zähne bleckende Monster war, das er ihr offenbart hatte?
Endlich spürte sie Wut und Enttäuschung in sich aufkeimen. Es war fast erleichternd, etwas anderes zu fühlen als Resignation und Gleichgültigkeit.
Vesper war für ihn gestorben, um in Unsterblichkeit bei ihm zu sein.
Neferu hatte ihm ihr Blut gegeben, um ihn wieder in die Welt zurück zu holen.
Sie hatte die Anweisungen der Boronkirche missachtet, um ihn aufzusuchen.
Sie schloss die Augen, ließ die schiere Dunkelheit auf sich wirken. Eine ganze Zeit verharrte sie so. Hörte auf ihren Atem, spürte den abgekämpften Rest Leben in ihrem Leib.
War sie eingeschlafen? Nur ganz kurz?
Als sie die Lider wieder öffnete, saß eine dunkle Gestalt auf ihrer Bettkante.
Sie zuckte zurück, starrte die düstere Silhouette angestrengt an.
Neferu wusste, wer da durch das Fenster gekommen war und konnte es trotzdem nicht glauben.
Zerwas?
War er hier, um sie endgültig des letzten Tropfens zu berauben?
„Hab keine Angst, ich will dir nichts tun.“ Die dunkle melodische Stimme durchschnitt die Stille.
Er klang wieder wie er selbst. Das Raubtier war gewichen. Doch für wie lange?