Beilunker Berge 3 (Garion)
Kategorien: 1013 BFBeilunker BergeDie Zeichen der SiebenGarionRahjardDie Dunkelheit des Hauptgebäudes lastete schwer auf dem Ardariten, während er nachdenklich durch das schmutzige Fenster des Badezimmers im ersten Stock auf den Innenhof der Festung hinab sah. Das war also Kurkum, die sagenumwobene, verborgene Festung der geheimnisvollen Amazonen.
Während ihm der Geruch nach Spinneninnereien in die Nase stieg, runzelte er die Stirn. Er war mit nur drei Verbündeten hier, zwei davon des Kämpfens mächtig, ein Dritter versiert in der Heilkunst – wenn auch nur der profanen. Das war hier – tief in den Beilunker Bergen – die einzige Unterstützung auf die er hoffen konnte. Und dort unten, irgendwo hinter den festen Mauern der Burg warteten mehrere Dutzend brutal pervertierte Amazonen darauf, dass sie einen Fehler machten.
Mit einem leisen Seufzen sah er an sich hinab, um die riechenden Spinnenüberreste zu suchen. Wenn er ehrlich war, dann war der Erfolg dieser Mission mehr als ungewiss. Schon die potentiell feindlich gesinnten Amazonen, die noch innerhalb der Burgmauern weilten, waren ihnen zahlenmäßig deutlich überlegen – und dabei war der Umstand ignoriert, dass einige von ihnen außerhalb der Festungsanlage unterwegs waren und jeder Zeit zurückkehren konnten.
Als seine Augen die Reste einer schleimigen, grünen Substanz am Heft seines Langschwertes erfassten, griff er nach dem Taschentuch in seiner linken Unterarmschiene und befreite die Waffe gedankenvoll von der Verunreinigung. Es war ihm zuwider gewesen, die Burg durch einen Geheimgang zu betreten wie ein Dieb in der Nacht. Wo war die Grenze zwischen taktischem Vorgehen und schlichter Feigheit? Aber hatte er eine Wahl gehabt? Wenn es stimmte, was er während seiner Lehrjahre in Arivor erfahren hatte, dann waren Amazonen furchterregende Kämpfer, deren Waffenfähigkeiten ihres Gleichen suchten. Mit nur drei Gerüsteten und einem Heiler, der sich leidlich seiner Haut erwähren konnte, wäre ein allzu offenes Auftreten wohl ein Garant für ein unabwendbares Scheitern der ihm übertragenen Aufgabe gewesen. Und selbst jetzt, da ihre Ankunft in dem verborgenen Rückzugsort der kämpfenden Rondragläubigen unbemerkt geblieben war, schien der Ausgang der Unternehmung ungewiss.
Wenigstens, so konnte er sich selbst zur Ruhe gemahnen, haben wir für den Notfall einen zentralen und schnellen Ausgang. Erst vor einigen Stunden hatten sie entdeckt, dass der Brunnenschacht, der mittig auf dem Burghof angelegt war, mit dem Gangsystem unter der Festung verbunden war und noch dazu Wasser führte. Im allerschlechtesten Fall würde ein beherzter Sprung ihnen wenigstens etwas Zeit und eine bessere Ausgangsposition gegen Verfolger schaffen.
Eine Bewegung auf dem Hof ließ ihn aufmerken, während seine Gefährten sich leise in einigen der Zimmer in seinem Rücken bewegten. Die Gestalt Vitus‘ – eines der Stallburschen – schälte sich aus dem Schatten der Gebäude. Der Junge hatte ein Bad in der luxuriösen Wanne seiner ehemaligen Königin genommen, als die kleine Einheit den Raum gestürmt hatte. Eine rasche Befragung hatte verschiedenste Einzelheit zutage gefördert und langsam begannen sich die einzelnen Teile des Mosaiks zu einem Bild zusammen zu fügen. Irgendwo dort unten wartete nicht nur die Amazonenkönigin Yppolita auf ihre Befreiung, sondern auch ein verdorbener Illusionist auf seine Erlösung von derischen Banden.
In seiner Kehle stieg Wut auf, als er an die Geschichte des Knechts zurück dachte. Die Machenschaften Xeraans hatten Schwester gegen Schwester aufgehetzt und die Amazonen, von denen in dem Arivorer Tempel zwar nicht immer gut, doch stets ehrfürchtig gesprochen worden war, an den Rand des Ruins geführt. Eine Schmach, die er nicht auf den Seinen sitzen lassen würde – Arivor wollte die Frauen in Sicherheit wissen – und Arivor würde bekommen, wonach es ihm verlangte.
Mit verhärteten Zügen sah er über die Schulter zurück. Die Untersuchungen der Räume waren abgeschlossen. Tarambosch, Raj und Vitus waren bereit sich tiefer in die Burg zu begeben. Ein kurzer Blick glitt über die drei Gestalten. Nach dem Angriff einer Fischerspinne in den niedrigen Tunneln unter der Burg, war keiner von ihnen in bestem Zustand, allerdings auch nicht verletzt. Schimmernde Rüstungen suchte man vergebens und die Rajs wies deutliche Mandibelspuren auf, wo die Beißwerkzeuge der Spinne sich Zugang zu verschaffen versucht hatten. Alles in allem war bisher alles gut gegangen und eine bessere Ausgangslage war unter den gegebenen Umständen nicht möglich.
Mit einem letzten Blick aus dem Fenster hinaus auf die Tempelanlage im Hof, nickte der Bornländer daher. „Nutzen wir die Zeit, die uns noch bleibt, bis sie mit ihrer Anbetung fertig sind.“